Trinität: Ich weiß nicht, was soll es bedeuten…

Jedem Christen – und auch wohl den meisten nicht getauften Menschen – ist die Formel „Vater, Sohn und Heiliger Geist“ geläufig. Praktisch jeder Gottesdienst beginnt mit diesen Worten („Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“); das apostolische Glaubensbekenntnis fasst den christlichen Glauben in trinitarischer Form zusammen („Ich glaube an… an … an…), ebenso tut es das nicänische Glaubensbekenntnis, das die evangelischen, katholischen und orthodoxen Kirchen in gleicher Weise verwenden; eine Taufe ohne Bezug auf die Trinität ist nicht gültig; viele Gottesdienste enden mit dem trinitarischen Segen („Es segne Dich … Vater … Sohn … Heiliger Geist“).

Was ist an dieser Trinität eigentlich so wichtig? Oder ist sie vielleicht sogar entbehrlich? Obwohl die Formel so vertraut ist, wirkt sie unverständlich und abstrakt. Im Gespräch mit Juden und mit Moslems bringt sie uns gar in große Verlegenheit: Sind wir Christen wirklich zu den Monotheisten zu zählen? Oder haben wir „drei Götter“?! Im interreligiösen Gespräch gelingt es kaum, die Sinnhaftigkeit und Zusammengehörigkeit von „Vater, Sohn und Heiliger Geist“ zu erklären. Bei multireligiösen Feiern wird die Formel oft vermieden, weil sie als anstößig gilt. Muslime verstehen „Sohn Gottes“ als eine Bezeichnung für die leibliche Herkunft Jesu und assoziieren dabei altarabische Vorstellungen von Götterfamilien (Sure 53,19ff); dagegen hat sich der Prophet Mohammed gewendet (Sure 19,88-95). Auch die Vorstellung von Maria als „Mutter Gottes“ ist für den Koran ein Verrat an dem einen Gott. Der Koran verteidigt Jesus gegen den Vorwurf, er selber habe solchen „Irrglauben“ hervorgerufen (Sure 5,116)! „Trinität: Ich weiß nicht, was soll es bedeuten…“ weiterlesen

Schon und noch nicht

Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten

Predigt zum Sonntag Exaudi,

Johannes 14, 15-19

„Schon“ und „noch nicht“, liebe Gemeinde, darum geht es heute. „Schon“ und „noch nicht“. Pfingsten ist schon gewesen, damals. Aber – es ist noch nicht Pfingsten – wir warten auf Pfingsten. Wir warten auf etwas, das wir „eigentlich“ schon haben. „Geist Gottes“; er ist mitten unter uns, in uns, so wird uns gesagt. Wir warten und hoffen… Schon – und noch nicht …

Das ist das Thema des heutigen Sonntags. „Exaudi“ heißt er, „höre“ – und das ist ein Gebetsruf: „Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe“ – aus Psalm 27, der diesem Sonntag den Namen gegeben hat. Obwohl wir gewiss sind, dass Gottes Geist uns nahe ist, bitten wir immer neu um ihn.

Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten… das sind zum einen historische Daten: damals im Jahre 30 oder 33 in Jerusalem. Jesus war auferstanden, hatte sich in vielfacher Weise den Seinen gezeigt – 40 Tage lang – … und dann wurde er vor ihren Augen weggenommen. „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen“, hatte Jesus gesagt (Apg. 1,8). Und sie warteten … Ein historisches Datum: das Warten auf Pfingsten in Jerusalem damals …

Es ist aber auch ein symbolisches Datum: es sagt etwas über unsere Situation.

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Stein des Zweifels

Ich erinnere euch an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr´s festhaltet in der Gestalt, in der ich es euch verkündigt habe; es sei denn, dass ihr umsonst gläubig geworden wärt. Denn als erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tag nach der Schrift.

  1. Korintherbrief 15, 1-4

Ohne Ostern gäbe es keine christliche Kirche! Die Geschichte hätte einen anderen Lauf genommen! Paulus ist davon überzeugt. Für ihn hängt alles an der Auferstehung. Ist Christus nicht auferstanden, so schleudert er den Kritikern entgegen, dann ist alle Predigt vergeblich. Er hält das Osterereignis für sicher überliefert, und es ist für ihn die Grundlage allen Glaubens. Diese starken Worte haben es heute schwer, gehört zu werden. Längst ist Ostern im öffentlichen Bewusstsein seines zentralen Inhaltes beraubt. Allenfalls wird das Empfinden des allgemeinen Werdens und Vergehens angesprochen – schließlich ist Frühling. Ansonsten dominieren Hasen und Eier. Kritiker der Überlieferung tun ein Übriges: sie „entlarven“ die Erscheinungen des Auferstandenen als subjektive Einbildungen. Wer wälzt diese vielen „Steine“ beiseite? Den Stein des Zweifels, den Stein der Destruktion, den Stein des Unglaubens?

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Ostersamstag?

Wie heißt er nun richtig, der Tag heute? Ostersamstag? Aber Ostern ist doch erst morgen! Und dann folgen Ostermontag, Osterdienstag – und schließlich Ostersamstag. Und wie heißt dann der Tag heute?

Natürlich wissen Sie die Antwort: Karsamstag. Aber wissen Sie auch, warum so viele den Tag heute „Ostersamstag“ nennen? Und warum die vergangenen Wochen „Osterzeit“ genannt werden – obwohl das falsch ist? Ich weiß es nicht. Aber ich habe eine Vermutung. Ostern ist ein schönes Fest. Das Wetter ist meist frühlingshaft. Es gibt schmackhafte Süßigkeiten in Form von Hasen und Eiern. Ferien gibt es, freie Tage, Urlaubsreisen. Deswegen wohl wird gern vor Ostern „Ostern“ gefeiert.

„Passionszeit“ – das klingt dagegen düster. Leiden. Keine Feiern. Konfirmationen sollen nicht stattfinden. Einige Leute fasten und in manchen Kirchen werden in der Karwoche die Bilder verhängt: „Augenfasten“. Man könnte denken, die Kirchen seien Spielverderber. Sie halten fest an der alten Reihenfolge. Ostern wird erst gefeiert, wenn Jesus auferstanden ist. Am Karsamstag ist das noch nicht der Fall. Da liegt er im Grab. Und wir warten gespannt darauf, ob Gott Macht über den Tod hat. Die Antwort gibt es morgen.

Einfach so tun, als sei immer Ostern: das blendet die Leidenden aus. Und das wollen wir nicht. Darum: Karsamstag.

April, April!

„Am 1. April / schickt man die Narren, wohin man will“! Passen Sie auf am Sonntag! Nicht, dass Sie losgeschickt werden, gedörrten Schnee zu kaufen oder ungebrannte Asche abzuholen. Oder dass man Ihnen einen großen Gewinn verspricht, den es gar nicht gibt. Am 1. April soll Judas geboren sein. Das ist der, der Jesus verriet. Damit, so die Sage, sei an diesem Tage der Teufel in der Welt.

Keine schlechte Idee. Man hat ja nicht nur am 1. April den Eindruck, dass „der Teufel los“ ist in unserer Welt. Ein Problem nach dem anderen. Viele betrachten ihr eigenes Leben: Ein Schwanken zwischen Glück und Unglück. Eine Mischung aus Freude und Leid. Es ist schwer, sich auf dieses Auf und Ab einzulassen. Ist da nicht tief in einem drin die Vorstellung: das Leben müsste leichter sein, einfacher?

Man kommt sich vor, wie in den April geschickt. Ist das Leben so gedacht? Mache ich etwas falsch? Gibt es da nicht die Schönen, Reichen und Erfolgsgewohnten, denen alles gelingt? Zeigt mir die Werbung nicht, wie schön das Leben sein könnte? Wenn ich dieses kaufe und jenes tue, wenn ich …

Passen Sie gut auf! Lassen Sie sich nicht in den April schicken. Nirgends steht geschrieben, dass das Leben immer glatt verläuft. Es schwankt. Es gibt Zeiten des Glücks und der Sorglosigkeit. Es gibt Zeiten der Sorge und der Hoffnungslosigkeit. Das ist keine Panne. Das ist so. Und wem man einredet, das dürfe so nicht sein, der wurde in den April geschickt. Von wem eigentlich?

Neues aus Luthers Grab!

Sonderseite der Goslarschen Zeitung

Gut zu verstehen: Wenn man ein Grab besucht, will man auch sicher sein, dass die Leiche drin liegt. Nichts ist schlimmer als Ungewissheit! Ist er dort wirklich bestattet? Hat man den Verstorbenen gestohlen, gar verbrannt? In Wittenberg gingen solche Gerüchte herum, schon 1547, ein Jahr nach Luthers feierlicher Beisetzung in der Schlosskirche. Und je länger die Sache zurücklag, desto dramatischer wurden die Geschichten. Der Teufel hat den Abtrünnigen geholt! Der feindliche Kaiser hat ihn ausgraben und als Ketzer verbrennen lassen! Seine Freunde haben ihn ganz woanders bestattet, um ihn vor seinen Feinden zu schützen!

Als die Schlosskirche zwischen 1883 und 1892 grundlegend renoviert wurde, hätte sich die Gelegenheit geboten, mal nachzuschauen. Das aber hatte Kaiser Wilhelm I. streng verboten, ebenso wie seine Nachfolger Friedrich III. und Wilhelm II. Die Unsicherheit blieb. Irgendwann 1896 streifte ein Tourist durch die Schlosskirche und beklagte, dass man das über dieser Sache liegende Dunkel nicht aufgeklärt habe. Zufällig war der Küster der Schlosskirche dabei. Er – sein Name ist Römhild – tröstete den Besucher etwa mit folgenden Worten: „Beruhigen Sie sich! Martin Luther liegt hier in seinem Grab! Ich habe vor vier Jahren nach ihm gegraben und ihn gefunden!!“

Das war eine sensationelle Auskunft!  „Neues aus Luthers Grab!“ weiterlesen

Unerwarteter Fund!

Kaum zu glauben! Kürzlich überreichte mir ein Freund eine kleine Schachtel. Darauf stand, dass der Inhalt aus Martin Luthers Grab in Wittenberg stammt, entnommen am 14. Februar 1892.

Zinn aus Luthers Grab

Seit einigen Wochen ergründe ich die Geschichte dahinter. Sie stimmt! Die Gegenstände – ein Zinnstück und ein paar Rostpartikel – stammen von Luthers Sarg! Eine erste Darstellung veröffentliche ich in Kürze in der Goslarschen Zeitung. Demnächst fahre ich nach Wittenberg und forsche dort weiter für eine wissenschaftliche Darstellung.

Christentum und Bildung

Reformatorisches Christentum und Bildung sind untrennbar mitein­ander verbunden. Die Reformation war – auch – eine Bildungs-Revolution. Luther hat die Bibel ins Deutsche übersetzt, damit alle nachlesen können; er hat sich mit Nachdruck für Schulen eingesetzt, besonders auch dafür, dass Mädchen Zugang zu Bildung bekommen! „Bildung“! Schon im Begriff selber schwingt mit, dass es um etwas zutiefst Religiöses geht, zumindest beim christlichen Bildungsbegriff: „Bildung“ und „Gott-Ebenbildlichkeit“ haben miteinander zu tun. Schon Mystiker haben das so verstanden, umso mehr die Reformation. Bildung führt den Menschen zum Bewusstsein seiner Würde als Gottes Geschöpf. Jeder Mensch ist nach dem Bilde Gottes „gebildet“.

Gebildet sein heißt daher zu allererst: sich seiner Würde bewusst sein. Luther spricht in diesem Zusammenhang von der „Freiheit eines Christenmenschen“: der Mensch als Person verdankt sich der Beziehung zu Gott. Niemand ist menschlichen Bedingungen unterworfen, die sein Dasein rechtfertigen könnten oder müssten. Der Mensch kann handeln, frei nach seinem Gewissen – unabhängig von allen weltlichen Bemächtigungsversuchen.

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Ein Leben ohne feste Heimat

Predigt zum Sonntag Reminiscere

Viele sind schon einmal umgezogen: mit den Eltern, nach der Schule, vor der Hochzeit. Ich selber habe in Salzgitter, in Bethel, in Jerusalem, in Tübingen, in Göttingen, in Celle, in Groß Elbe, in Braunschweig gelebt. Das ist nicht ungewöhnlich. Manche Lebensläufe älterer Menschen hören sich bewegt an: Geboren in Ostpreußen, nach Flucht und Vertreibung in Westfalen eingeschult, später in Niedersachsen aufgewachsen, wo der Vater in der Zwischenzeit Arbeit gefunden hatte. Die Ausbildung, erst recht der Beruf und die eigene Familie führten in wieder andere Orte, manchmal über die Grenzen des eigenen Landes hinaus. Damit ist es nicht zu Ende. Wo bleibt man im Ruhestand? Es gibt für viele keine heimatliche Stadt, in die man zurückkehren könnte. Also überlegt man – und geht dorthin, wo es schön und sonnig ist, vielleicht nach Mallorca. – So etwas gibt es. Ist gar nicht selten. Rentnerkolonien auf den Inseln …

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