Neue Seinsweise statt Optimierung

Taufe und Lebenssinn – Gedanken zum 8. Sonntag nach Trinitatis

„Ich muss menschlich davon reden um der Schwachheit eures Fleisches willen: wie ihr eure Glieder hingegeben hattet an den Dienst der Unreinheit und Ungerechtigkeit zu immer neuer Ungerechtigkeit, so gebt nun eure Glieder hin an den Dienst der Gerechtigkeit, dass sie heilig werden. Denn als ihr Knechte der Sünde wart, da wart ihr frei von der Gerechtigkeit. Was hattet ihr nun damals für Frucht? Solche, deren ihr euch jetzt schämt; denn das Ende derselben ist der Tod. Nun aber, da ihr von der Sünde frei und Gottes Knechte geworden seid, habt ihr darin eure Frucht, dass ihr heilig werdet; das Ende aber ist das ewige Leben. Denn der Sünde Sold ist der Tod; die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserm Herrn.“ Römer 6,19-23

Paulus erörtert die Frage, worin sich das Leben eines getauften Christen von dem eines Ungetauften eigentlich unterscheidet. Eine aktuelle Frage im Rom des 1. Jahrhunderts! Die Gemeindeglieder wollten wissen: Welche Konsequenzen hat es denn, dass wir vor Gott gerecht gesprochen sind? Was hat das denn mit unserem alltäglichen Leben zu tun?

Angesichts der Tatsache, dass Mitgliedschaft in der Kirche nicht mehr selbstverständlich ist, stellt sich diese Frage auch heute, wenn auch unter veränderten Bedingungen. War seinerzeit der christliche Glaube eine neue Erscheinung, so steht er heute trotz seiner viele Jahrhunderte alten Verwurzelung vor einer neuen Bewährungsprobe. Die Gefahr ist freilich damals wie heute, das Christsein in moralischen Kategorien zu beschreiben. Also: den vielen Lebensrezepten ein weiteres hinzuzufügen. Noch einmal: tu dieses, lass jenes; wenn/dann …

Tragen solche Lebensrezepte wirklich? Ein Blick in die Menschheitsgeschichte muss skeptisch machen. Solange wir in der Welt leben, müssen wir auch mit Unsicherheit und mit Unerklärlichem leben. Die Geschichte der Menschheit sollte uns davor gefeit machen, Ideologien zu vertrauen, die das Ganze in den Griff bekommen wollen. Der Mensch ist zum Guten nur sehr begrenzt fähig. Er wird beherrscht – in jedem Fall. Entscheidend ist nur, von wem. Davon schreibt der Apostel Paulus in recht kompakter und schwieriger Sprache.
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