Taufbefehl?

Matthäus 28,16-20

Gedanken zum 6.Sonntag nach Trinitatis

Manchmal war er ganz verzweifelt, er, der große Martin Luther! Er, dieser „Glaubensheld“, als der er uns geschildert wird. Martin Luther hat ganz schlimme Zeiten durchgemacht. Es gab Stunden, da fürchtete er, auf dem falschen Weg zu sein. Es gab Tage, an denen ihn Todesängste überfielen. Was hat er dann getan? Er nahm ein Stück Kreide und schrieb auf seinen Holztisch: „Ich bin getauft!“ Das stand dann da – und er konnte es immer wieder lesen: „Ich bin getauft!“ Er spürte: das ist das Entscheidende. Vielleicht kam ihm dann auch ein Prophetenwort in den Sinn, das wir häufig bei der Taufe hören: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jesaja 43,1). Das ist auch der Wochenspruch. „Taufbefehl?“ weiterlesen

Ist Karfreitag der wichtigste Tag?

Predigt zum Karfreitag .                               

Korinther 514b-21

„Der wichtigste Tag“, sagen manche, Karfreitag! Gerade wir Protestanten heben diesen Tag besonders hervor. Obwohl: da kann doch was nicht stimmen?! Ist nicht das Entscheidende Ostern: Auferstehung. Ohne Ostern wäre Karfreitag doch nichts, wäre das Ende…, aber trotzdem: Wir Evangelischen sind da hartnäckig und bleiben dabei. Karfreitag sticht heraus, ist sogar staatlich besonders geschützt. Das ist nicht überall so, in den katholischen Ländern Italien und Österreich etwa ist das nicht so. Karfreitag steht uns für Entscheidendes! Aber für was? Für Außenstehende erschließt sich das keineswegs! Und wenn Menschen aus anderen Kulturen in der Kirche den Gekreuzigten sehen: das ist alles andere als klar! Im Islam wird das für einen großen Irrtum gehalten. Jesus war ein großer Prophet, sagen die gläubigen Moslems, darum: Gott hätte nie und nimmer zugelassen, dass er am Kreuz stirbt. „Ist Karfreitag der wichtigste Tag?“ weiterlesen

Absolutes Vertrauen

 

Predigt zum 9. Sonntag nach Trinitatis (18. August 2019)

Von vorn anfangen dürfen! Das Leben vor sich haben! Wissen, wozu man da ist! Etwas Schöneres kann es nicht geben. Einen Schlussstrich ziehen unter alles, was vorher war. Sich nicht mehr festlegen lassen auf das, was misslungen ist. Ballast abwerfen.

Ein Traum? Paulus hat ihn erlebt.

„Absolutes Vertrauen“ weiterlesen

Ethisches Experiment

Zum 4. Sonntag nach Trinitatis, 14. Juli 2019

Predigt über Lukas 6, 36-42

  • seid barmherzig
  • richtet nicht
  • verdammt nicht
  • vergebt

So heißt es im Lukasevangelium. Es sind Worte Jesu. Wenn das ein Außenstehender hört, fühlt er sich bestätigt: Ja, ja, wir sollen anständige Leute sein, ist ja irgendwie immer dasselbe, was die da in der Kirche erzählen. Sei ein guter Mensch, Nächstenliebe und so… Das weiß ich auch so; um das zu hören, „muss ich nicht in die Kirche rennen…“. Ja, so ist es! Wenn es nur das wäre, hätten wir als Kirche wenig zu bieten. Lebensweisheiten gibt es heute an allen Ecken und Enden zu lesen; in den Buchhandlungen gibt es ganze Abteilungen: Weisheitsliteratur, selbst im Supermarkt. Wie man leben soll, was man tun und lassen soll, damit es einem gut geht – das ist tausendfach gesagt und gedruckt – auch gepredigt. Der Neuigkeitswert ist gering.

Wer in den Gottesdienst kommt erwartet mehr, zu Recht! Was ist denn eigentlich „das Andere“ am christlichen Glauben? Worin unterscheiden wir uns denn in der Ethik, im Verhalten – tun wir’s überhaupt? „Ethisches Experiment“ weiterlesen

Lust am Predigen

Wie gebe ich Zeugnis von der Hoffnung?

Ein Plädoyer gegen die Selbst-Marginalisierung evangelischer Verkündigung

Das wär`s: sich hinstellen und aus dem Vollen schöpfen. Hoffnung verströmen. Sonntag für Sonntag, alltags – bei welchem Anlass auch immer: Die versammelten Menschen in den Blick nehmen und loslegen, also: von dieser großen und einmaligen Hoffnung sprechen, sie bezeugen, ihre Relevanz erweisen. Selber davon erfüllt sein, so sehr, dass kein Konzept nötig ist. Alles kommt von innen heraus, ist erlebt und erbetet, drängt auf Kommunikation – aus der Überzeugung heraus, der Gemeinde Lebenswichtiges mitzuteilen.

Wer will uns eigentlich noch hören …?!

Zu beobachten ist etwas anderes. Es gibt eine Unlust an der Predigt. Es gibt eine pfarrer- und pfarrerinnen-typische Form des Unglaubens und der Untreue. Es ist die Selbst-Marginalisierung. „Ich muss am Sonntag predigen“, hört man hier und da – ein verräterisches kleines Sätzchen. „Lust am Predigen“ weiterlesen

Das Wesentliche!

Am 31. Oktober ist Reformationstag

„Ecclesia semper reformanda“! – Die Kirche muss ständig erneuert werden. Da sind sich viele einig! Und der Apostel Paulus sagt im 1. Thessalonicher: „Prüft aber alles und das Gute behaltet“: auch hier: großer Konsens! Oder?

Erneuern, das Gute behalten… Das sagt sich leicht hin. Jede und jeder stimmt zu: Klar doch, ist wichtig. Nur: wenn man genau hinschaut: Jede und jeder versteht was anderes darunter! „Das Gute“ – das kann alles Mögliche sein. Für den einen ist eine Sahnetorte was Gutes. Für die andere ein 40-tägiges Fasten… Und „erneuern“?! Auch da versteht jeder was anderes drunter: Das Alte weg… – so sehen es die Einen. Zurück zum Ursprung / das Neue weg – so legen es die anderen aus. „Das Wesentliche!“ weiterlesen

Engel!?

Zum Michaelistag

Hebräer 1, 7.13f und Offenbarung 12, 7-12a

Ich kenne den Namen unseres Briefträgers nicht! Habe nie danach gefragt! Nicht, dass er mir egal wäre! Im Gegenteil: Ich warte manchmal ungeduldig auf ihn und hoffe, dass er bald kommt. Besser gesagt: Ich warte auf das, was er bringt. Briefe, Karten, Päckchen, Geschenke… Manchmal ist das einfach so da: Im Briefkasten, auf der Flurtreppe – ohne, dass ich den Boten gesehen habe. Manchmal begegne ich ihm, am Gartentor, im Hausflur, vor der Wohnungstür: Ich kann gar nicht genau sagen, wie er aussieht. Ich schaue ihm meist nicht ins Gesicht. Ich schaue auf seine Hände: Was er mir bringt – und ich kann es gar nicht abwarten, die Post aufzumachen und die zu lesen. Eines weiß ich aber schon vorher: Die Nachricht stammt nicht vom Postboten. Er überbringt sie nur. Darum ist er für mich wichtig. Aber letztlich: Er vollbringt lediglich eine Dienstleistung für den Absender.

Verstanden? Okay! Das war er, der „Grundkurs Engel“! Wir wissen jetzt, was es mit den Engeln auf sich hat. Ein Engel ist ein Bote. Er handelt ausschließlich im Auftrag Gottes. Und seine Botschaft ist immer etwas, das Gott uns mitteilen will. Und so, wie ich meinen Postboten nicht mit Namen kenne, so kennen wir auch nur wenige Engel mit Namen: Raphael, Gabriel, Michael… Meist aber sind sie namenlos, oder ganze Heerscharen – so wie in der Weihnachtsgeschichte: Alsbald aber war da die Menge der himmlischen Heerscharen. Und was brachten die für eine Botschaft? Klar! „Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Heiland geboren!“ Eindeutige Sache: Das haben sie sich nicht selber ausgedacht, das wissen sie von Gott.

Jetzt der „Aufbaukurs“! „Engel!?“ weiterlesen

Selbst auferlegte Lasten

Gedanken zum 14. Sonntag nach Trinitatis

„Eigentlich“, liebe Gemeinde…, „eigentlich“… „Eigentlich“ will man mit jedermann auskommen. Eigentlich ist man für Frieden und Gerechtigkeit. Eigentlich will man sich um andere kümmern. „Eigentlich“… Aber irgendwie – wenn wir ehrlich sind – bleiben wir immer dahinter zurück. Wir wissen recht gut, was noch zusätzlich ginge, aber … Ja, wir wollen sogar „gut“ sein, aber letztlich gelingt uns das nicht. „Das Gute, das ich will“, schreibt Paulus, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich“ (Röm 7, 19). „Eigentlich“ bin ich ein guter Mensch, aber… Nicht schön, ja ärgerlich, das erkennen zu müssen. Eigentlich braucht uns doch keiner zu sagen, was gut und was böse ist. Wir wissen es doch, – und wenn wir uns nur richtig anstrengen, dann werden wir es doch auch schaffen …, eigentlich…

Nein! sagt Paulus. Er unterbricht an dieser Stelle unsere Gedanken. Er geht dazwischen. Hier, wo doch scheinbar die Stärke von uns Menschen liegt. Hier, wo es darum geht, zu planen, zu forschen, seinen Willen einzusetzen, kurz: die Dinge besser zu machen. Hier, wo schlaue Bücher und Methoden ihre Hilfe anbieten, wo die Menschheit scheinbar unaufhaltsam voranschreitet. Genau hier geht der Apostel dazwischen. Aber er fügt den vielen guten Ratschlägen nicht noch einen weiteren hinzu. Er wetteifert nicht mit uns um die klügsten Lebensregeln. Nein, er mischt sich ein mit einem seltsamen Satz.

Dieser Satz heißt: „Wir sind nicht dem Fleisch schuldig, daß wir nach dem Fleisch leben!“. Was meint er damit? Und was meint er mit dem, was er kurz vorher gesagt hatte, nämlich: „Es gibt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.“? „Selbst auferlegte Lasten“ weiterlesen

Lieber Gott?

Gedanken zum 13. Sonntag nach Trinitatis

Solche Sätze können einem gefallen: Gott ist die Liebe! Knapp, einfach und schön. Man fragt sich geradezu, warum dieser Satz nicht im Glaubensbekenntnis steht. Treffender kann man es doch gar nicht sagen!

Aber nun haben ja gerade knappe und griffige Formulierungen etwas Zweischneidiges. Sie leuchten zwar ein, aber sie vereinfachen auch, ja, sie können in die Irre führen. Gott ist die Liebe! Wenn das so ist, dann kann man ja wohl diesen Satz auch umdrehen: Die Liebe ist Gott!? Also: überall da, wo Menschen einander liebevoll begegnen, da treffen sie auf Gott selber. Ist das nicht überhaupt der Schlüssel? Erledigen sich damit nicht komplizierte theologische Erörterungen!?

Tatsächlich gibt es ja in der Bibel die Rede davon, dass der Mensch das Ebenbild Gottes sei. Wenn also Gott Liebe ist, dann auch der Mensch. Und in der Tat erfahren wir Liebe durch Menschen. Der Dichter Ernesto Cardenal spricht davon, dass jeder Mensch einen unerschöpflichen Vorrat an Liebe in sich trage, nicht nur die Sehnsucht danach, sondern auch die Fähigkeit dazu. Und mit dieser Liebe verhalte es sich wie mit einem Medikament, das man in der Pillendose mit sich herumtrage: sie muss heraus, muss verteilt und „eingenommen“ werden, sonst kommt sie nicht zur Wirkung. Der riesige Vorrat an Liebe kann zur Last werden, die drückt und die auf die Suche treibt nach dem, was wir in Wahrheit selber in uns tragen: „Wir selber sind dem Wesen nach Liebe, denn wir sind Ebenbilder Gottes und Gott ist Liebe.“

„Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“. Scheinbar wird uns hier so etwas wie ein Rezept gegeben zum glücklichen Leben. Offenbar muss man es nur richtig anstellen, muss an der Liebe dranbleiben, dann geht es einem gut.

Nur: das wird ja vom Leben dauernd widerlegt. „Lieber Gott?“ weiterlesen