Danke!

Vorsicht! Danken ist gefährlich! Für geschenkte Blumenstöcke soll man nicht danken. Sonst wachsen sie nicht. Ein Kranker muss Hilfe als selbstverständlich hinnehmen. Nicht danken! Sonst nimmst du Schaden! Für eine geliehene Schere darf man nicht danken. Sonst bekommt man Streit mit der betreffenden Person. Wenn Frauen sich gegenseitig Zöpfe flechten, sollen sie nicht danken. Sonst fallen die Haare aus. Wenn eine alte Frau auf dem Weg zur Taufe grüßt: nicht danken! Es könnte eine Hexe sein, die Gewalt über das Kind erlangt …

Aberglaube! Das kommt dabei heraus, wenn man sich von seinen christlichen Wurzeln entfernt. Denn Danken: das ist eine Kulturform, die durch das Christentum zu uns gekommen ist. Nicht zu danken, das gehört in den Bereich von Zauber und Magie. Es schützt angeblich vor Schaden. Eine weit verbreitete Meinung war das früher. Früher?

Ist Danken heute selbstverständlich? Oder hat sich eine neue Form von Aberglauben entwickelt? Eine Einstellung nach dem Muster: Das steht mir doch zu! Dafür habe ich doch bezahlt! Das habe ich mir doch hart erarbeitet! – Da ist kein Platz mehr für ein freundliches „Danke!“

Am Sonntag ist Erntedankfest. Durch Danken, so heißt es, wird der Geist erlöst. Wofür werden Sie sich bedanken? Bei wem?

Herrnhuter Losung für den 1. September

Einen Fremden sollst du nicht quälen. Denn ihr wisst, wie dem Fremden zumute ist, seid ihr doch selbst Fremde gewesen im Land Ägypten. 2. Mose 23,9

Wichtiger Bestandteil unserer abendländischen / europäischen / deutschen „Leitkultur“ – oder entbehrliche alttestamentliche Sozialromantik?

Selbst auferlegte Lasten

Gedanken zum 14. Sonntag nach Trinitatis

„Eigentlich“, liebe Gemeinde…, „eigentlich“… „Eigentlich“ will man mit jedermann auskommen. Eigentlich ist man für Frieden und Gerechtigkeit. Eigentlich will man sich um andere kümmern. „Eigentlich“… Aber irgendwie – wenn wir ehrlich sind – bleiben wir immer dahinter zurück. Wir wissen recht gut, was noch zusätzlich ginge, aber … Ja, wir wollen sogar „gut“ sein, aber letztlich gelingt uns das nicht. „Das Gute, das ich will“, schreibt Paulus, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich“ (Röm 7, 19). „Eigentlich“ bin ich ein guter Mensch, aber… Nicht schön, ja ärgerlich, das erkennen zu müssen. Eigentlich braucht uns doch keiner zu sagen, was gut und was böse ist. Wir wissen es doch, – und wenn wir uns nur richtig anstrengen, dann werden wir es doch auch schaffen …, eigentlich…

Nein! sagt Paulus. Er unterbricht an dieser Stelle unsere Gedanken. Er geht dazwischen. Hier, wo doch scheinbar die Stärke von uns Menschen liegt. Hier, wo es darum geht, zu planen, zu forschen, seinen Willen einzusetzen, kurz: die Dinge besser zu machen. Hier, wo schlaue Bücher und Methoden ihre Hilfe anbieten, wo die Menschheit scheinbar unaufhaltsam voranschreitet. Genau hier geht der Apostel dazwischen. Aber er fügt den vielen guten Ratschlägen nicht noch einen weiteren hinzu. Er wetteifert nicht mit uns um die klügsten Lebensregeln. Nein, er mischt sich ein mit einem seltsamen Satz.

Dieser Satz heißt: „Wir sind nicht dem Fleisch schuldig, daß wir nach dem Fleisch leben!“. Was meint er damit? Und was meint er mit dem, was er kurz vorher gesagt hatte, nämlich: „Es gibt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.“? „Selbst auferlegte Lasten“ weiterlesen

Lieber Gott?

Gedanken zum 13. Sonntag nach Trinitatis

Solche Sätze können einem gefallen: Gott ist die Liebe! Knapp, einfach und schön. Man fragt sich geradezu, warum dieser Satz nicht im Glaubensbekenntnis steht. Treffender kann man es doch gar nicht sagen!

Aber nun haben ja gerade knappe und griffige Formulierungen etwas Zweischneidiges. Sie leuchten zwar ein, aber sie vereinfachen auch, ja, sie können in die Irre führen. Gott ist die Liebe! Wenn das so ist, dann kann man ja wohl diesen Satz auch umdrehen: Die Liebe ist Gott!? Also: überall da, wo Menschen einander liebevoll begegnen, da treffen sie auf Gott selber. Ist das nicht überhaupt der Schlüssel? Erledigen sich damit nicht komplizierte theologische Erörterungen!?

Tatsächlich gibt es ja in der Bibel die Rede davon, dass der Mensch das Ebenbild Gottes sei. Wenn also Gott Liebe ist, dann auch der Mensch. Und in der Tat erfahren wir Liebe durch Menschen. Der Dichter Ernesto Cardenal spricht davon, dass jeder Mensch einen unerschöpflichen Vorrat an Liebe in sich trage, nicht nur die Sehnsucht danach, sondern auch die Fähigkeit dazu. Und mit dieser Liebe verhalte es sich wie mit einem Medikament, das man in der Pillendose mit sich herumtrage: sie muss heraus, muss verteilt und „eingenommen“ werden, sonst kommt sie nicht zur Wirkung. Der riesige Vorrat an Liebe kann zur Last werden, die drückt und die auf die Suche treibt nach dem, was wir in Wahrheit selber in uns tragen: „Wir selber sind dem Wesen nach Liebe, denn wir sind Ebenbilder Gottes und Gott ist Liebe.“

„Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“. Scheinbar wird uns hier so etwas wie ein Rezept gegeben zum glücklichen Leben. Offenbar muss man es nur richtig anstellen, muss an der Liebe dranbleiben, dann geht es einem gut.

Nur: das wird ja vom Leben dauernd widerlegt. „Lieber Gott?“ weiterlesen

Goslarsche Zeitung über das neue Buch

 

Autor: Sabine Kempfer

Helmut Liersch veröffentlicht GZ-Reihe zur Reformation als Buch

Liersch holte Vergessenes und Unbekanntes aus der Zeit der Reformation ans Tageslicht und veröffentlichte historisch fundierte, kurzweilig geschriebene Zeitungsartikel, die viele Fans fanden. Daraus machte Goslars Ex-Propst jetzt ein Buch. Foto: Kempfer

Goslar. Signalrot leuchtet es Bücherfreunden im Schaufenster entgegen: „Reformation!“ Helmut Liersch hat ein neues Buch unter diesem Titel herausgegeben. Lesern der GZ mag der Inhalt bekannt vorkommen: Goslars ehemaliger Propst ist einem vielfach geäußerten Wunsch nachgekommen und hat seine Zeitungsbeiträge zur Reformation zusammengetragen.

„26 überraschende Einblicke mit historischen Fakten aus Goslar“ lautet der Untertitel des Buches; wer die eine oder andere Folge im Reformationsjahr verpasst hat, kann sich nun die ganze Serie auf einmal nach Hause holen. Der im Untertitel schon anklingende „Überraschungsfaktor“ macht die Betrachtungen von Liersch so lesenswert: Die sorgfältig recherchierten historischen Fakten werden auch unterhaltsam dargestellt, Lierschs Lust am Kuriosen bricht sich hier mit Augenzwinkern Bahn.

26 Geschichten mit aktuellen Themen

Das Leben schreibt oft die besten Geschichten – aber es muss jemanden geben, der sie entdeckt und erzählt. So geschehen. Wer sich eine der 26 Geschichten vornimmt, deren Themen heute noch von Belang sind, kann davon ausgehen, viel über Goslars Geschichte zu erfahren, und dabei blendend unterhalten zu werden. Es geht um Bildung, soziale Gerechtigkeit, Bedeutung von Hierarchien, Fragen der Macht. Da werden Luthers Kampf für bessere Schulen und der gewaltsame Streit um die Wahrheit thematisiert, es geht um „Geschichtsklitterung“ im historischen Rathaus, um „Luther-Bashing“, gefährliche Dienstreisen oder den „Zoff in Goslars Bildungselite“ – schon die Überschriften regen zum Lesen an. „Ich habe versucht, in jedem Artikel etwas Neues zu bringen“, verrät Liersch seinen Ehrgeiz. Der Autor nahm alte Bezüge aus den GZ-Artikeln heraus, fügte neue Bilder hinzu, überarbeitete alles und machte ein attraktives Buch mit 120 Seiten daraus.

Das Titelfoto zeigt Prof. Ulrich Bubenheimer, mit dem Liersch bei gemeinsamen Studien in Goslars Marktkirchenbibliothek viele neue Fakten über die Reformation ans Tageslicht brachte. Bubenheimers „kriminalistischer Spürsinn“ steckte ihn an. Das Buch ist für 14 Euro in allen GZ-Geschäftsstellen und im Goslarer Buchhandel erhältlich.

 

Zoff unter Aposteln!

Gedanken zum 12. Sonntag nach Trinitatis

In vielen Kirchen sind sie zu sehen, die beiden Herren. Auf der Briefmarke aus Liechtenstein stehen sie eng beieinander. Meist aber stehen sie in weitem Abstand voneinander, der eine links, der andere rechts. Man könnte meinen, sie hätten heute noch etwas gegeneinander. Petrus und Paulus. Petrus trägt meist das Buch in der einen Hand – und die Schlüssel in der anderen. So als wolle er sagen: Nur ich öffne die Tür zum Glauben und zum Himmelreich! Paulus zeigt dem Petrus das Schwert als wollte er sagen: Nur ich führe das Schwert des Geistes, nur ich kenne die Wahrheit! „Zoff unter Aposteln!“ weiterlesen

Neue Seinsweise statt Optimierung

Taufe und Lebenssinn – Gedanken zum 8. Sonntag nach Trinitatis

„Ich muss menschlich davon reden um der Schwachheit eures Fleisches willen: wie ihr eure Glieder hingegeben hattet an den Dienst der Unreinheit und Ungerechtigkeit zu immer neuer Ungerechtigkeit, so gebt nun eure Glieder hin an den Dienst der Gerechtigkeit, dass sie heilig werden. Denn als ihr Knechte der Sünde wart, da wart ihr frei von der Gerechtigkeit. Was hattet ihr nun damals für Frucht? Solche, deren ihr euch jetzt schämt; denn das Ende derselben ist der Tod. Nun aber, da ihr von der Sünde frei und Gottes Knechte geworden seid, habt ihr darin eure Frucht, dass ihr heilig werdet; das Ende aber ist das ewige Leben. Denn der Sünde Sold ist der Tod; die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserm Herrn.“ Römer 6,19-23

Paulus erörtert die Frage, worin sich das Leben eines getauften Christen von dem eines Ungetauften eigentlich unterscheidet. Eine aktuelle Frage im Rom des 1. Jahrhunderts! Die Gemeindeglieder wollten wissen: Welche Konsequenzen hat es denn, dass wir vor Gott gerecht gesprochen sind? Was hat das denn mit unserem alltäglichen Leben zu tun?

Angesichts der Tatsache, dass Mitgliedschaft in der Kirche nicht mehr selbstverständlich ist, stellt sich diese Frage auch heute, wenn auch unter veränderten Bedingungen. War seinerzeit der christliche Glaube eine neue Erscheinung, so steht er heute trotz seiner viele Jahrhunderte alten Verwurzelung vor einer neuen Bewährungsprobe. Die Gefahr ist freilich damals wie heute, das Christsein in moralischen Kategorien zu beschreiben. Also: den vielen Lebensrezepten ein weiteres hinzuzufügen. Noch einmal: tu dieses, lass jenes; wenn/dann …

Tragen solche Lebensrezepte wirklich? Ein Blick in die Menschheitsgeschichte muss skeptisch machen. Solange wir in der Welt leben, müssen wir auch mit Unsicherheit und mit Unerklärlichem leben. Die Geschichte der Menschheit sollte uns davor gefeit machen, Ideologien zu vertrauen, die das Ganze in den Griff bekommen wollen. Der Mensch ist zum Guten nur sehr begrenzt fähig. Er wird beherrscht – in jedem Fall. Entscheidend ist nur, von wem. Davon schreibt der Apostel Paulus in recht kompakter und schwieriger Sprache.
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Gedanken zum Johannistag

Im Matthäusevangelium steht im 11. Kapitel ein interessanter Text mit der spannenden Frage: „Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“

„Als Johannes im Gefängnis von den Werken Christi hörte, sandte er seine Jünger und ließ ihn fragen: „Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ Jesus antwortete und sprach zu ihnen: „Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tore stehen auf, und Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert.“

Jesus soll sich ausweisen. Gelegentlich werden wir ja auch mal so angesprochen. Etwa, wenn wir eine ferne Grenze überqueren: „Würden Sie sich bitte ausweisen?“ Oder bei einer Polizeikontrolle: „Darf ich bitte mal Ihren Ausweis sehen?“

Von einem jungen Mann wird folgendes erzählt: Er machte in Frankreich Urlaub und verlor seinen Personalausweis. Er rief seine Mutter an, sie solle ihm den Pass schicken, damit er sich auf der Rückfahrt ausweisen könne. Die Mutter schickte nun den Ausweis an das angegebene Postamt, wo er einige Tage später eintraf. Der junge Mann ging zur Post und fragte den Schalterbeamten, ob etwas unter seinem Namen angekommen sei. ´Ja`, sagte der Mann, aber würden Sie sich bitte ausweisen?´

Eine verzwickte Sache! Er soll sich ausweisen. Aber das kann er nur, wenn ihm der Ausweis gegeben wird. Ausweglos, wie es scheint.

„Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ So lässt Johannes Jesus fragen. „Kannst Du Dich ausweisen?“ Verständlich, dass Johannes so fragt. Er hat sein ganzes Leben darauf eingestellt, dass er den Messias sieht. Er hofft auf Erlösung. Er wartet. Seit Jahren schon lebt er in der Wüste, lebt ganz kärglich und hofft darauf, dass seine Ausdauer belohnt wird. Die Zeit geht ins Land, nichts passiert. Dann kommt Jesus zu ihm, hinunter an den Jordan – und lässt sich von ihm taufen. Ein Lichtblick – aber noch nicht die Erlösung. Johannes wird festgenommen und ins Gefängnis geworfen. Alles andere als Erlösung! „Gedanken zum Johannistag“ weiterlesen

Kostenlos – aber nicht umsonst

Gedanken zu einem Prophetenwort aus Jesaja 55

„Auf, ihr Durstigen, geht zum Wasser! Auch wer kein Geld besitzt – geht! Und kauft Getreide und esst, geht und erwerbt ohne Geld Wein und Milch! —
Weshalb wollt ihr Geld für etwas geben, das nicht nährt, euch mühen und nicht satt davon werden?
Hört auf mich und ihr esst Gutes, es labt sich am Fetten eure Seele.
Neigt euer Ohr und kommt zu Mir! Hört, und es lebt eure Seele!“

Der Prophet überbringt eine Einladung zum Fest. Zu einem „fetttriefenden orientalischen Mahl“. Wer bei diesem Fest bezahlen will, beleidigt den Gastgeber! Alle sind eingeladen. Auch die, die gerade noch glaubten, sie müssten außen vor bleiben. Alle dürfen kommen und hinlangen. Alles ist kostenlos.

Wasser, Brot, Wein, Milch. Für uns heute sind das leicht zu habende Lebensmittel. Ein Griff ins Regal, rein in den Einkaufswagen. In Wüstengegenden versteht man besser, was gemeint ist. Ich habe das gesehen im Nahen Osten: ein karges Beduinenkamp. Einer führt uns zu einem Wasserloch, mühsam gegraben, mehrere Meter tief. Unten drin: ein bisschen Wasser. Wenig. Aber immerhin: Wasser. Ich sehe, wie stolz mein beduinischer Begleiter ist. Dieses Wasser bedeutet für die ganze Sippe viel: man kann hier weiter leben; man ist versorgt; Menschen, Tiere und Pflanzen können ernährt werden. Es wird Brot und Milch geben. Man wird feiern können.

Frisches Wasser kostenlos. Im Supermarkt fällt mir nicht mehr auf, was das bedeuten kann. Auch nicht, wenn ich zu Hause den Wasserhahn aufdrehe. Aber in der Wüste, da begreife ich es. Wenn es genießbares Wasser nicht gäbe, dann könnte ich nicht leben. Das leuchtet ein. Und weil das so einleuchtet, darum nimmt es der Prophet als Gleichnis. Es geht um etwas Einfaches, sagt er. So, wie ihr Wasser braucht, so braucht ihr das Hören. Das Hören auf mich! Wasser und elementare Nahrung als Gleichnis, als Hinweis auf etwas noch Wichtigeres! „Kostenlos – aber nicht umsonst“ weiterlesen