Der Bergmann, so lernt man in Goslar, ging mit dem „Schärpermesser“ in den Schacht. Damit schnitt er sein Brot und seine Wurst – wenn er welche hatte. Heute haben wir sie reichlich. Und hin und wieder wird in der Stadt zum „Schärpermahl“ eingeladen: zu einer deftigen Mahlzeit mit viel Wurst und viel Bier. Es geht uns gut.
Das Schärpermesser war eigentlich nicht für die Frühstückspause da. Das war nur ein Nebeneffekt. Das Messer diente als Werkzeug. Durch die starke Beanspruchung gingen die Holzkonstruktionen in den Schächten aus den Fugen. Immer wieder musste mit dem Messer nachgeschnitten und neu gefügt werden. Das durfte man niemand anders überlassen. Es musste sofort passieren, weil sonst die Nachfolgenden tödlich bedroht waren. Das galt vor allem für die Sprossen, die in die Tiefe und wieder hinauf führten. Wenn da eine brach, musste der Bergmann umgehend reparieren. Das war er seinem nachfolgenden Kumpel schuldig. Er wusste um die Gefahr. Also zückte er sein Schärpermesser und reparierte unter Einsatz seines Lebens.
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Welch ein Bild! Im dunklen Schacht repariert einer den von ihm verursachten Schaden. Er übernimmt Verantwortung für den, der nach ihm kommt. Unsere Gesellschaft lebt heute sehr auf Kosten der nachfolgenden Generationen. Wo ist unser „Schärpermesser“? Jedenfalls: Alle haben wir von Natur aus das Zeug zu vernünftigem Handeln. Vielleicht fehlt es an Besinnung. Die Bergleute haben vor Arbeitsbeginn gesungen: „Wenn ich mein Werk beginne / bei meiner Arbeitsschicht, / so lenke Herz und Sinne / auf deines Wortes Licht. / Lass mich so Tag als Nacht / nach solchen Schätzen graben, / die nichts vom Eitlen haben, / das Sorg und Kummer macht.“