Nachlese zum Weihnachtsfest

Gedanken zum Weihnachtsfest im LIONS Club Goslar-Rammelsberg, Klauskapelle, Freitag, 22. Dezember 2017

Die Weihnachtsgeschichte haben wir gehört. Jetzt soll ich ein paar geistliche Gedanken dazu sagen, will der Präsident. Möglichst rührig und so… Kann ich aber nicht! Ihr seid alles Leute, die alles schon mal gehört haben, selber denken können, ne feste Meinung haben … Was kann man da noch erzählen?! Ich versuche es einmal mit einem Satz aus der Bibel, der weniger bekannt ist – aber doch sagt, was Weihnachten bedeutet. Der Satz heißt:

„Christus ist die Schatzkammer, die alle Schätze der Weisheit und Einsicht birgt!“

Ist eigentlich ein ziemlich übermütiger Satz! Wer spricht denn da? Eine kleine religiöse Splittergruppe im römischen Reich. Unbedeutend, ohne gesellschaftlichen Rang, Christen eben. Und die sagen: „Christus ist die Schatzkammer, die alle Schätze der Weisheit und Einsicht birgt!“ So steht das im Kolosserbrief (2,3, Übersetzung Berger). Welch ein Kontrast zur Wirklichkeit! Welch eine Selbstüberschätzung! Es ist ein Wunschbild, das so nie wahr geworden ist! Eine Behauptung, die nie bewiesen werden konnte: „…alle Schätze der Weisheit und Einsicht!“…

Ein Glaubenssatz – und ein problematischer dazu. Sagt da nicht ein Häuflein von Randsiedlern der Gesellschaft: „Wir sind wichtig, wir sind wichtig!“ – und keiner nimmt es ernst?!

So war das – im 1., 2., 3. Jahrhundert… dann bekamen Christen gesellschaftliche Macht – … und von Weisheit und Einsicht war wenig zu sehen; mehr dagegen von Zwang, Gewalt, Doppelmoral…die Kritik an der Kirche ist bekannt – sie war übrigens identisch mit der Gesellschaft als Ganzer. Es waren also unser aller Vorfahren daran beteiligt…

…und heute: es scheint wieder zu werden wie am Anfang „Wir sind wichtig…behaupten Christen nach wie vor…aber wer glaubt daran: „Christus ist die Schatzkammer, die alle Schätze der Weisheit und Einsicht birgt!“…?? Statt dessen eine Fülle von Verdrehungen, Missverständnissen, was der christliche Glaube sei…

…etwa: Nächstenliebe

…oder: „10 Gebote“

…als ob wir Menschen nicht von uns aus wüssten, dass man niemanden erschlägt, nicht klaut und nicht lügt… Verflachung, Banalisierung… mit dem Höhepunkt Weihnachten: Was wird daraus nicht alles gemacht! Natürlich, es ist das „Fest der Liebe“, das „Fest der Familie“… alles schön und gut/aber: welche „Botschaft“ ist daraus geworden?! Weihnachten wurde „gekapert“, ausgebeutet, kommerziell, emotional, familiär, pädagogisch… Weihnachten ist quasi „entkernt“! Die GZ berichtet heute über „Weihnachtslieder ohne Religion“, „winterworld-Musik, Schnee und Schlittenglöckchen… Viele von uns finden das nicht gut, ja, finden es schrecklich – lehnen das ab. Aber der Trend ist übermächtig.

Was ist denn Weihnachten? Weihnachten ist nicht nur lieb und soft und gefühlig – noch nicht einmal in erster Linie…es ist eine Kampfansage an alle Pseudophilosophien und Trugideen (Kol 2,8), mit denen Menschen der Kopf verdreht wird (ebd.)! Eine Kampfansage! Christus ist die Schatzkammer! Das heißt im Umkehrschluss: nicht die Tresore der Welt, nicht die vollen Warenhäuser, nicht die Ölreserven, nicht die Aktienkurse…

Weisheit und Erkenntnis sind woanders zu finden – und rangieren höher. Sie sind ein kritisches Gegenüber für alles, was sich als wichtig und vorrangig aufführt. Philosophisch ausgedrückt: Christus als Krise des modernen Denkens, der Wachstumsideologie, der politischen Heilversprechen… und Weihnachten fängt das an. Ein Gegenprogramm!

Träumen ist erlaubt: Was wäre bloß, wenn diese Botschaft durchdränge: nämlich:

Weihnachten: Das Große macht sich klein und niedrig, um auf Augenhöhe zu kommen mit dem Kleinen… Der Machthaber setzt sich der Gefahr aus, sehenden Auges…d ie einseitige Friedenserklärung Gottes… ohne Vorleistung des „Gegners“… Schon bei der Geburt ist zu sehen, dass damit kein irdischer Sieg zu erringen ist! Das Holz der Krippe ist das Holz des Kreuzes, ein und derselbe Baum… wenn das in unserer Welt gälte… nur mal so nachgedacht… Revolution!

„Geht nicht“ – sagt der gesunde Menschenverstand. Aber wie „gesund“ ist der eigentlich?! Nicht leben, um sich unverwundbar zu machen; nicht alle Tricks anwenden, um den anderen den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben… (Glück, Wohlstand, Gesundheit wären dann nicht zwingende Zeichen einer gelungenen Gottesbeziehung). Überhaupt nicht „um – zu“! Wie sehr sind wir in dieses Denken verstrickt! Muss denn alles einen „Zweck“ haben… bis hin zum Weihnachtsfest…? Es ist angeblich dazu da, damit wir uns Geschenke machen, damit es 1x im Jahr so richtig friedlich und gemütlich wird, damit, damit…

Wahr ist erstmal was ganz anderes:

Wir tun gar nichts zu Weihnachten! Gott tut etwas, und zwar etwas Unerwartetes. Er fordert nichts von uns, er gibt uns keine Regeln und Gebote auf den Weg, er will uns nicht höher, reicher, besser machen. Er wird Mensch. Was das bedeutet, hat Paulus in seinen Briefen interpretiert – und das, ohne von einer wunderbaren Geburt zu wissen. Er weiß nichts vom „Jesus-Kind“ – wohl aber von dem, der Knechtsgestalt annahm, obwohl er göttlicher Gestalt war (Phil. 26).

Diese Nähe ist es. Gott als einer von uns. Für manche Ohren eine Gotteslästerung (Islam). Wir sagen: genau das ist das Geheimnis! Alle Weisheit, alle Einsicht liegt genau darin! ER stellt sich auf eine Stufe mit uns! Und wieder: nicht um uns höher, reicher, besser zu machen, gesünder… Um all das geht es in erster Linie nicht. Er kommt, um bei uns zu sein. Er teilt unsere Schwachheit, unsere Sterblichkeit sogar… Und wir wissen, was gemeint ist. Einige von uns hat es in diesem Jahr schwer getroffen.

Wer kann da noch Schwache verachten, Arme, Gescheiterte? Wer kann da noch Unterschiede machen zwischen Völkern und Rassen? Wer kann da noch behaupten, am Schicksal eines Menschen könne man seine Gottesbeziehung ablesen? Dann wäre Jesus der Gottloseste gewesen – er starb am Kreuz. Und so haben es ja die meisten auch gesehen: er hat die Quittung bekommen, damals, Karfreitag.

Wir Christen aber sagen: Damit waren endlich die Regeln der Welt auf den Kopf gestellt – oder auf die Füße (der Kopf war ja „verdreht“, Kolosserbrief). Nicht das Starke, Erfolgreiche, Gesunde hat das letzte Wort – und ist etwa „besser“ als das Schwache, Arme, Sterbende… Nein, was von der Welt gering geachtet wird, ist bei Gott angesehen…

Wie gesagt! Ein Gegenprogramm, mal so probeweise gedacht. Wie ginge es weiter mit unserer Welt, wenn diese Botschaft durchdränge?!

Träumen darf man ja mal…

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