1. Mose 1, 1-4a. 26-31a. 2,1-4a
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war.
Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht. Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise. Aber allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das auf Erden lebt, habe ich alles grüne Kraut zur Nahrung gegeben. Und es geschah so. Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.
So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte. So sind Himmel und Erde geworden.
Die Schöpfungsgeschichte! Liebe Gemeinde, da gibt es ja viele, die können mit dieser Erzählung wenig anfangen. Die behaupten: „Schöpfung? So etwas gibt es nicht!“ Eine Zumutung sei das für alle denkenden Menschen. Und natürlich auch Gott als der Schöpfer: eine fromme Erfindung, nicht mehr zeitgemäß … Und so etwas wie diese alte Geschichte hier, wie Gott die Welt erschaffen hat – das sei doch nun wirklich nichts mehr für heutige Ohren und für unsere hoch-wissenschaftliche Zeit … Angesichts solcher Einwürfe kann man sich ganz klein vorkommen – so, als befasse man sich mit etwas ganz Abseitigem. Und wir hier in der Kirche wären dann so etwas wie Übriggebliebene, Leute, die nicht gemerkt haben, dass die Zeit längst über sie hinweggegangen ist …
Das ging den glaubenden Menschen früher nicht anders. Ihre Erzählungen von Gott stießen längst nicht überall auf Zustimmung. Der Glaube an den einen Gott, der die Welt erschaffen hat, traf auf ganz andere Anschauungen. Man stand in Konkurrenz zu anderen Göttern oder zu philosophischen Systemen, in denen für einen Schöpfergott kein Platz war. Auch die ersten Christen bekamen diesen Gegenwind zu spüren. Sie glaubten ja nicht nur daran, dass Gott die Welt geschaffen hatte – das glaubten sie mit dem ganzen Volk Israel -. Nein, sie verkündeten eine neue Schöpfung. Christus, so behaupteten sie, sei die neue Kreatur, auferstanden von den Toten dank der unbegrenzten Schöpfermacht Gottes. Auferstehung? Schöpfung? Schaut doch mal genau hin, so konterten die Gegner und die Zweifler: Ihr Christen behauptet dauernd, etwas ganz Wichtiges zu predigen. Aber in Wahrheit seid ihr doch bedeutungslos, ohne Einfluss! Und manch einen Christen hat das kleinlaut werden lassen – damals wie heute. Kann man wirklich daran glauben: Gott ist der Schöpfer – und Jesus Christus hat alle Gewalt im Himmel und auf Erden?! Das klingt ja keineswegs kleinmütig oder eingeschüchtert. Das sind starke Sätze! Da kann man sich nur in zweierlei Weise zu stellen: sie ablehnen oder ihnen zustimmen. Dazwischen ist nichts. Entweder versteigen sich die glaubenden Menschen in unhaltbare Phantasien – oder: genau hier begegnet uns die Wahrheit. Wenn es aber die Wahrheit wäre, dann ginge sie auch alle an! Auch jene, die zweifeln oder spotten. Es geht also ums Ganze beim Glauben an Gott den Schöpfer!
Aber nun scheint ja alle Erfahrung dagegen zu sprechen. Wenn es wirklich um Alles oder Nichts ginge in der Kirche: dann müssten doch die Menschen sich in Scharen drängen, um etwas über den Sinn dieser Schöpfung zu hören; um zu staunen, um sich zu freuen daran, um Gott zu danken … Statt dessen erleben wir als christliche Kirche im Moment etwas ganz anderes: Menschen wenden sich ab. Viele erwarten nichts Bedeutendes mehr von Kirche. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen sich häufig missachtet vor. So, als dienten sie nicht einer weltbewegenden Sache, sondern irgend etwas völlig Abseitigem. Ja, die Zweifler scheinen Recht zu haben. Lässt sich denn wirklich etwas Gewisses sagen über den Ursprung der Welt, über Tod und Ewigkeit? Kann es denn überhaupt eine Botschaft geben, die mir Vertrauen und Geborgenheit vermittelt? Viele behaupten heute, wir verdankten uns einem Zufall; die Zukunft sei ein blindwütiges Gemenge aus Unwägbarem, der Mensch Spielball im sinnlosen Chaos. Und es ließe sich tatsächlich eine lange Rechnung aufmachen, die den Kritikern und Skeptikern recht zu geben scheint: Der Tod ist nicht besiegt. Im Gegenteil: er greift in das Leben ein, er reißt Menschen aus unserer Mitte, er stürzt in Trauer und Not. Ganze Jahrhunderte sind vom Tod überschattet.
Ja, es ist ganz gewiss so: der Mensch vollbringt es nicht aus sich selber. Das ist der entscheidende Inhalt der biblischen Botschaft – und das ist es auch, was Jesus uns lehrt. Gott selber ist es, der die Welt erschaffen hat; er ist es, der der Welt Sinn gibt. Er kann aus dem Nichts das All erschaffen. Er selber trägt seine Schöpfung durch die Zeiten. Aber, liebe Gemeinde, gerade hier mag mancher aufgeklärte Zeitgenosse nicht mehr mit. Was heißt denn Schöpfung? Wieso soll denn die Welt dem Willen eines Schöpfers entsprungen sein? Selbst Religionslehrer winden sich gelegentlich, wenn sie den Schülern erklären sollen, warum die Bibel von Schöpfung und die Naturwissenschaft von Evolution spricht. Sind das nicht Gegensätze? Bewegen wir uns mit dem Glauben an den Schöpfergott und an die Auferstehung nicht in spekulativen Gefilden … Schön, aber abwegig?!
Nun gibt es aber Wissenschaftler, die das ganz anders sehen. Sie bestätigen, dass wir gar nicht weit genug über uns hinaus denken und glauben können. So berichtet der Göttinger Biochemiker Professor Cramer folgendes über eines der einfachsten Lebewesen, die wir kennen, das Kolibakterium: „Man weiß genau“, so sagt er, „wie dieses Bakterium zusammengesetzt ist. Man kennt seine genetischen Baupläne. Man kann also ausrechnen, wie viele Möglichkeiten es gäbe, die einzelnen Bestandteile seiner Erbinformationen zusammenzubauen. Und so kann man auch errechnen, wie wahrscheinlich es wäre, dass ein Kolibakterium per Zufall entstünde. Wohlgemerkt: eines der primitivsten Lebewesen überhaupt. Es ist eine Zahl mit 2,4 Millionen Nullen. Fazit laut Professor Cramer: Purer Zufall ist undenkbar! Selbst wenn eine Maschine in jeder Sekunde eine dieser Möglichkeiten ausprobierte – eine wahnwitzige Annahme! – , so reichte doch das bisherige Alter der Welt nicht annähernd dafür aus. Man bräuchte dazu 10 hoch, 2,399983 Millionen Weltalter. „das Alter der Welt“, so schließt Cramer daraus, „ist also verschwindend klein gegenüber der für eine Zufallsordnung benötigten Zeit. Das heißt: Leben kann nicht durch eine Serie von Zufallsereignissen entstanden sein“.
Oh, ihr Kleingläubigen! So möchte man angesichts solcher Tatsachen uns Christen zurufen. Warum versteckt ihr euch so mit eurem Glauben? Warum murmelt ihr euer Glaubensbekenntnis verschämt – so, als wäre es nicht wahr?! „Ich glaube an Gott, den Schöpfer!“ Jawohl! „Ich glaube an die Auferstehung der Toten!“, an die Neuschöpfung: Ja! Warum gestehen wir den Spöttern und Zweiflern klammheimlich zu, dass sie vielleicht doch recht haben könnten? Warum vertrauen wir unserem eigenen Glauben eigentlich so wenig? Ich will hier nicht behaupten, es gäbe Beweise für das, was wir glauben. Unsere Vernunft wird nie die ganze Wahrheit erfassen können. Sie ist ja selber Teil der Schöpfung. Aber: es kann überhaupt keinen Zweifel daran geben, dass die Welt einen Sinn in sich trägt, höher als unsere Vernunft. Da ist etwas im Werden, da geht etwas vor, da ist mehr drin als wir erahnen … Und ich bin gewiss: der Tod ist keinesfalls eine Grenze für Gott. Christen aller Zeiten hatten diese Gewissheit. Und die stellten sie allen Zweiflern entgegen. Sie lebten und leben in dem Vertrauen: Jesus Christus hat Macht im Himmel und auf Erden!
Die Schöpfungsgeschichte … Wir sind heute fast besser dran als die Glaubenden in früheren Zeiten. Wir können unseren Glauben zwar ebenso wenig wie sie „beweisen“. Aber wir können unseren Glauben mit vernünftigen Gründen unterstützen. Wir wissen heute, dass die Schöpfung sich zielgerichtet weiter entwickelt. Aus dem, was uns gelegentlich chaotisch erscheint, wird Neues erstehen. Wir wissen nicht, wie das im Einzelnen vor sich geht. Aber wir sind ganz gewiss: es geschieht. Am Ende wird sein: Leben in Gott. Gott wird alles in allem sein.
Gott, Schöpfer und Erlöser!
Du lebst – und wir sollen auch leben.
Schenke uns Augen, die dein Wirken erkennen
und die die Zeichen des Lebens sehen –
und gib uns ein dankbares Herz. Amen.
Jubilate 1995