Probelauf für eine „Teaching Library“

Goslarsche Zeitung 6. Juli 2022

Von Elke Brummer

Top-Bewertungen haben Oberstufenschülerinnen und -schüler kürzlich einem Schülerseminar in der Marktkirchenbibliothek (MKB) auf dem Goslarer Kulturmarktplatz gegeben, nachdem sie in den Genuss desselben gekommen waren.

Goslar. „Fünf von fünf Sternen“, „große Auswahl“, „engagierte Organisatoren“:  Wer glaubt, dass es sich bei diesen Statements um Bewertungen für Urlaub im Luxus-Hotel oder Internet-Käufe handelt, irrt.  Die Bewertungen stammen von Oberstufenschülerinnen und -schülern und gelten einem Schülerseminar, das kürzlich in der Marktkirchenbibliothek (MKB) auf dem Goslarer Kulturmarktplatz veranstaltet worden war.

Die Idee für das Seminar stammt von zwei Männern, denen sowohl die lebendige Zukunft der mittelalterlichen Bibliothek als auch die Bildungsgrundlagen junger Menschen am Herzen liegen: Helmut Liersch, Propst im Ruhestand, MKB-Beauftragter und damit gewissermaßen Spiritus Rector des historischen Bücherschatzes. Und der Pädagoge Wilfried Seyfarth, der seit Mitte der Achtziger Jahre Schülerseminare in der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel und seit 2006 in der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek Weimar realisierte.

Großes Potenzial

Der seit 2019 pensionierte und in Goslar lebende Oberstudienrat stellt seinen reichen Erfahrungsschatz jetzt ehrenamtlich in den Dienst der MKB. Seyfarth ist begeistert von den Buchbeständen und sieht großes Potenzial dafür, dass hier eine „Teaching Library“ entstehen kann. Wie so eine „lehrende Bücherei“ funktioniert, probierten in der vergangenen Woche 13 Elftklässler des Ratsgymnasiums mit ihren Lehrern Antonia Langlotz und Sebastian Skorzinski praktisch aus.

Themen wie „Historische Karten im Vergleich“, „Amazonen, El Dorado und kopflose Wundergestalten“ oder „Reformation und digitale Medienrevolution“ standen zur Auswahl. Ein breit gefächertes Angebot von Originaltexten und eigens für diesen Zweck angeschaffter Sekundärliteratur gestaltete die Arbeit der Schüler interessant, aber ungewohnt. „In der Schule ist das einfacher, da suchen die Lehrkräfte die passende Literatur für uns aus“, kommentierte eine Schülerin.

Und benannte mit dieser Erfahrung zielsicher eines der Hauptanliegen des Seminars. Denn die grenzenlose Verfügbarkeit von Informationen aus einer Flut teils fragwürdiger Quellen fordert Kompetenzen, für die junge Köpfe kritisch und kreativ denken müssen. Dass beim selbstbestimmten Umgang mit den Medien des 21. Jahrhunderts Schriften aus dem 16. Jahrhundert einen wichtigen Beitrag leisten, scheint dabei nur auf den ersten Blick paradox. Gerade die in der MKB gesammelten Zeugnisse der Reformation und des Epochenumbruchs um 1500 bieten eine einmalige Chance dafür.

Ein besonderer Zauber

Die Auseinandersetzung mit den Gedanken unserer Vorfahren bietet Stoff für unterrichtsbegleitende Seminare und Facharbeiten und sorgt für reichhaltigen Erkenntnisgewinn. Dabei entfalten alte Bücher aus Pergament, Holz und Leder einen besonderen Zauber, dem man sich kaum entziehen kann.

Die Schülerseminare, die das Duo Seyfarth/Liersch für die Zukunft geplant hat, bauen diesen „Zauber“ geschickt ein: Die Präsentation historischer Drucke und die Exkursion durchs mittelalterliche Goslar mit Ute Pötig und Dietrich Zychla machen Schulunterricht zum echten Erlebnis. Und dass es dafür am Ende fünf Sterne gibt, ist wahrlich kein Wunder.

Schaudepot der Marktkirche öffnet!

 

 

Kulturmarktplatz:

Die reformationszeitliche Marktkirchen-Bibliothek ist eingezogen

http://www.marktkirchenbibliothek-goslar.de

Es war der fünfte Umzug der Marktkirchen-Bibliothek. Am 5. November 2021 transportierten Mitglieder des Fördervereins und des Kirchenvorstandes die wertvollen Altbestände vorsichtig in den entstehenden Kulturmarktplatz (KUMA). Dort sind die Bände nun im Eingangsbereich in einem begehbaren Schaudepot untergebracht. Die weiteren Bestände werden im neuen Stadtarchiv in einem Büchermagazin gelagert, sobald der entsprechende Trakt bezugsfertig ist. Dort wird es auch einen Arbeitsraum für den mit der Bibliothek Beauftragten geben. Ein Depositalvertrag mit der Stadt Goslar regelt, dass die Bestände nun im „Besitz“ der Stadt sind, jedoch im „Eigentum“ der Kirchengemeinde bleiben. „Schaudepot der Marktkirche öffnet!“ weiterlesen

Goslarer „Dom“ soll auferstehen…

Samstag, 1. Juni 2019

Kirchliche Sorgen um den Domplatz

Auferstandener Dom beim Welterbetag 2007: Die Idee stammte von Thomas Moritz. Das Bild zeigt das gerade beendete „Memorial“ für den Goslarer Dom, aufgeführt von Jugendlichen der Stephani-Gemeinde unter Leitung von Imogen Liersch.                                                                                      Archivfoto: Moritz

 

Bitte nicht mit Bäumen und Büschen, sondern mit Steinen die Umrisse der früheren Bauten andeuten. Und eher eine Fläche für Fußgänger als eine Gartenanlage schaffen. Helmut Liersch und Günter Piegsa sprechen aus, was sie umtreibt. Mit großer Sorge haben sich der frühere Propst und der Vertreter der katholischen Kirche in der Pfalzquartier-Lenkungsgruppe jetzt zu den Planungen für den Domplatz zu Wort gemeldet.

„Goslarer „Dom“ soll auferstehen…“ weiterlesen

Landesbischof Gerhard Heintze

Helmut Liersch

Biographische und theologische Schnittstellen

Jedes Mal, wenn ich von Goslar über Wehre nach Braunschweig fahre, kommt er mir in den Sinn. In dem kleinen Vorharz-Dorf wurde er vor 100 Jahren geboren, lebte dort bis 1917: Gerhard Heintze. Mir steht jener äußerlich fast bieder daher kommende Mann vor Augen, der im Umgang auf mich als Teil der 68-Generation etwas altbacken und in seiner Sprache umständlich wirkte: „Landesbischof Gerhard Heintze“ weiterlesen