Foto: H.L.
Sie waren keine Sklaven, wie man oft denkt. Freiwillig haben sie Steine geschleppt und aufeinander geschichtet. Sie wussten warum: es ging um das Ewige Leben. So bekam Pharao Cheops sein eindrucksvolles Grabmal. Sie steht bis heute, die Große Pyramide von Gizeh: Welterbe! Nicht nur Steine sind dort zu bewundern, sondern auch eine grandiose Idee. Kräfte lassen sich dann bündeln, wenn alle wissen, worum es geht. Die tägliche Mühsal braucht eine Vision. In Ägypten war es das Zutrauen, am jenseitigen Leben des Herrschers Anteil zu haben.
Und was ist es in Goslar? Wir stellen uns ja stolz in eine Reihe mit dem Weltwunder dort am Nil: „Wir Welterbestätten …“ Anteil am jenseitigen Leben des Herrschers haben: das lockt heute nicht mehr. Also: was ist hier zu bewundern außer den eindrucksvollen Bauwerken von Rammelsberg und Altstadt? Welche Idee ist hier stark?
Der Reichtum, der dem Berg abgetrotzt wurde, diente einer Vision: Alle gesellschaftlichen Kräfte sollten zur Schaffung einer friedlichen Welt beitragen. „Gerechtigkeit, Friede, Barmherzigkeit, Gottesliebe“ – so lautete der Grundsatz von Heinrich III, der hier im 11. Jahrhundert bauen ließ. Das ist so etwas wie eine europäische Verfassung, die in Goslar baulichen Ausdruck fand: das Gegenüber von Kaiserhaus und Stiftskirche, alle Kräfte gemeinsam für eine friedliche Welt.
Daraus ist nichts Dauerhaftes geworden. Schon bald ging die Idee in Streit und Krieg unter. Aber das Wissen ist geblieben: dass nur dann Friede herrscht, wenn alle auch an das Wohl der anderen denken. So ist es von Anbeginn von Gott gemeint – und nur so wird die Welt überleben. In Goslar wurde dieser Gedanke einst in Stein gebaut.